Kreidezähne bei Kindern erkennen, verstehen und behandeln
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Poröse, verfärbte und schmerzende Zähne bei Kindern und Jugendlichen können ein Hinweis auf sogenannte Kreidezähne sein. Fachsprachlich ist die Rede von Molarer-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) oder Milchmolaren-Hypomineralisation (MMH). Diese Zustände können sowohl die Milchzähne als auch die bleibenden Backenzähne betreffen. Die Krankheit kommt in Deutschland recht häufig vor: Mehr als ein Viertel der hier lebenden Kinder leidet unter dem Krankheitsbild hypomineralisierter Zähne.
ungesunde Kreidezähne eines Kindes
Zahnärzte setzen deshalb heute auf frühzeitige Zahnprophylaxen. Schon ab dem ersten Milchzahn wird die Zahnpflege zu Hause empfohlen. Außerdem sollen Eltern über das Phänomen der Kreidezähne aufgeklärt werden, um gezielt auf die Entwicklung der Kinderzähne achten zu können. Wie man Kreidezähne bei Kindern erkennt, welche Ursachen sie haben und wie die Behandlung aussieht, verrät dieser Beitrag.
Symptome erkennen: Wie sehen Kreidezähne aus?
Die Aufklärungsarbeit von Kinderzahnärzten setzt dort an, wo Eltern erste Anzeichen für Kreidezähnen bei ihren Kindern entdecken können. Kreidezähne zeichnen sich durch eine charakteristische Veränderung der Zahnsubstanz aus. Die betroffenen Zähne weisen eine poröse Struktur auf, die anfälliger für Karies ist. Je nach Entwicklungsgrad sind Kreidezähne auch ohne zahnärztliches Wissen mit bloßem Auge zu erkennen. Häufig verfärben sich die Zähne gelblich bis bräunlich. Die Zahnoberfläche kann rau und uneben wirken, wenn man mit dem Finger leicht darüberstreicht.
Auch das persönliche Empfinden im Kontakt der Zähne mit Lebensmitteln kann ein Anzeichen auf Kreidezähne sein. Kinder mit MIH klagen zum Beispiel häufig über empfindliche Zähne, die auf kalte oder heiße Speisen und Getränke schmerzhaft reagieren. Auch eine eingeschränkte Kaufunktion kann beobachtet werden, da stark betroffene Zähne abbrechen oder sich abnutzen können. In schweren Fällen ist die gesamte Zahnkrone betroffen, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Kaufunktion und damit der Lebensqualität führen kann.
Ursachen für Kreidezähne, die Eltern kennen sollten
Die genauen Ursachen von MIH sind noch nicht abschließend geklärt. Wissenschaftliche Studien deuten jedoch darauf hin, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen eine Rolle spielt. Zu den potenziellen Auslösern gehören:
Frühkindliche Erkrankungen: Infektionen in der Schwangerschaft oder in den ersten Lebensjahren, wie etwa Windpocken, Masern oder Atemwegsinfekte, stehen im Verdacht, die Zahnmineralisation zu beeinträchtigen. Auch Fiebererkrankungen können eine Rolle spielen.
Medikamenteneinfluss: Der Einsatz bestimmter Antibiotika wie Amoxicillin könnte mit dem Auftreten von MIH zusammenhängen. Hierbei wird vermutet, dass die Medikamente während der kritischen Phase der Zahnentwicklung die Mineralisierung beeinflussen.
Umweltfaktoren: Die Belastung mit Chemikalien wie Bisphenol A (BPA), einem Weichmacher, der in vielen Kunststoffprodukten enthalten ist, wird ebenfalls als möglicher Risikofaktor diskutiert. BPA kann hormonähnliche Wirkungen haben und möglicherweise die Zahnentwicklung stören.
Ernährungsdefizite: Ein Mangel an Kalzium oder Vitamin D in der frühen Kindheit könnte ebenfalls die Mineralisierung der Zähne beeinträchtigen.
Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) weist darauf hin, dass dringend weiterführende wissenschaftlich fundierte Studien erforderlich sind, um die Ursachen für Kreidezähne sicher definieren und entsprechende Therapieempfehlungen entwickeln zu können. Derzeitige Behandlungsansätze zeigen in vielen Fällen eine gute Wirksamkeit, basieren derzeit aber noch auf nicht abschließend bewiesenen Ursachenannahmen und könnten bei besserer Studienlage noch zielführender zum Einsatz kommen.
Behandlungsansätze: Was tun bei Kreidezähnen?
Die Behandlung von Kreidezähnen richtet sich nach dem Schweregrad der Zahnveränderung. Ziel ist es dabei in erster Linie, die Funktionalität der Zähne zu erhalten, Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität der betroffenen Kinder zu verbessern.
Frühzeitige Diagnose: Regelmäßige Zahnarztbesuche ab dem ersten Milchzahn sind entscheidend, um Kreidezähne frühzeitig zu erkennen. Eine genaue Untersuchung durch den Zahnarzt ermöglicht es, das Ausmaß der Erkrankung festzustellen und eine geeignete Therapie zu planen. Frühzeitige Maßnahmen können den Zahnzustand deutlich verbessern.
Füllungen und Versiegelungen: Poröse Bereiche können durch spezielle Füllungen stabilisiert werden, die den Zahn vor weiteren Schäden schützen. Bei leichteren Fällen können Versiegelungen aus Kunststoff eingesetzt werden, um die Oberfläche der Zähne widerstandsfähiger zu machen und das Eindringen von Kariesbakterien zu verhindern.
Fluoridierung: Die regelmäßige Anwendung von fluoridhaltigen Zahnpasten oder Gelen hilft, den Zahnschmelz zu stärken und die Empfindlichkeit der Zähne zu reduzieren. Fluoridbehandlungen in der Zahnarztpraxis können zusätzliche Unterstützung bieten.
Langfristige Betreuung: In schweren Fällen, bei denen die Zahnsubstanz stark geschädigt ist, kann es notwendig sein, die betroffenen Zähne mit Kronen oder anderen prothetischen Lösungen zu versorgen. Dies schützt die Zähne und stellt die Kaufunktion wieder her. Eine enge Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Zahnarzt oder Kieferorthopäden ist hierbei ein wichtiger Schritt zu langfristiger Zahngesundheit.
Schmerzlinderung: Bei akuten Beschwerden können Schmerzmittel eingesetzt werden. Darüber hinaus helfen spezielle Zahncremes für empfindliche Zähne, die Beschwerden zu lindern.
Vorbeugung: Wie können Eltern von Anfang an zur Zahngesundheit ihres Kindes beitragen?
Zahnmediziner gehen davon aus, dass unter anderem eine genetische Veranlagung die Entstehung von Kreidezähnen begünstigt. Deshalb lässt sich MIH nicht immer vollständig verhindern. Es gibt dennoch Möglichkeiten, um das Risiko für die Ausbildung von Kreidezähnen zu minimieren. Hier können Eltern von Anfang an ein wertvollen Beitrag leisten:
Gesunde Ernährung:Eine ausgewogene Kost mit ausreichend Kalzium und Vitamin D unterstützt die Zahnentwicklung und trägt zur Stärkung der Zahnsubstanz bei. Milchprodukte, grünes Gemüse und fettreiche Fische wie Lachs sind hierfür besonders geeignet und können schon mit der Einführung der Beikost zum Teil des Speiseplanes werden.
Vermeidung von Schadstoffen: Der bewusste Verzicht auf BPA-haltige Produkte, etwa durch die Wahl von BPA-freien Babyflaschen oder Geschirr, kann das Risiko für Kreidezähne möglicherweise reduzieren. Auch eine rauchfreie Umgebung ist wichtig für die gesunde Entwicklung des Kindes.
Regelmäßige Zahnpflege: Ab dem Durchbruch des ersten Milchzahns sollte auf eine gründliche Zahnpflege geachtet werden. Eltern können mit altersgerechten Zahnbürsten und fluoridhaltigen Zahnpasten eine wichtige Grundlage für die Mundgesundheit legen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt runden die gesunde Zahnpflege vom ersten Milchzahn an ab.
Frühzeitige Aufklärung: Eltern sollten über die Bedeutung von Zahnpflege und möglichen Risikofaktoren für MIH informiert werden, um frühzeitig handeln zu können. Zahnärztliche Prophylaxen und die U-Untersuchungen beim Kinderarzt sollten deshalb wichtige Informationen zu Kreidezähnen und anderen zahngesundheitlich relevanten Themen enthalten.
Wie unterstützt die Krankenkasse Familien bei Kreidezähnen im Kindesalter?
Die meisten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen grundlegende Leistungen zur Diagnose und Behandlung von Kreidezähnen. Dazu gehören in der Regel:
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Diese sind für Kinder kostenfrei und bieten die Möglichkeit, MIH frühzeitig zu erkennen.
Fluoridierungsmaßnahmen: Die Kosten für professionelle Fluoridierungsbehandlungen beim Zahnarzt werden in der Regel übernommen, um den Zahnschmelz zu stärken.
Füllungen und Versiegelungen: Grundlegende Versiegelungen und Füllungen bei betroffenen Zähnen werden von den Krankenkassen getragen, insbesondere wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist.
Zusätzliche Behandlungen: In schwereren Fällen, bei denen aufwendigere Behandlungen wie Kronen erforderlich sind, kann es auch für Kinder zu Zuzahlungen kommen. Es lohnt sich, vorab mit der Krankenkasse zu klären, welche Kosten übernommen werden.
Einige Krankenkassen bieten zudem spezielle Programme oder Zuschüsse, die Familien bei der Zahnpflege und Prophylaxe unterstützen. Hierzu zählen beispielsweise Zahnputztrainings oder Informationsveranstaltungen für Eltern. Es ist ratsam, sich bei der eigenen Krankenkasse nach zusätzlichen Angeboten zu erkundigen, um die Zahngesundheit des Kindes bestmöglich zu fördern.
Frühzeitig handeln, langfristig profitieren
Kreidezähne sind ein weit verbreitetes Problem, das Kinder und Jugendliche stark beeinträchtigen kann. Mit einer frühzeitigen Diagnose und der richtigen Behandlung lassen sich jedoch Schmerzen lindern und die Zahngesundheit erhalten. Aufklärung, regelmäßige Zahnarztbesuche und eine sorgfältige Zahnpflege sind dabei die Schlüssel für eine erfolgreiche Vorsorge und Behandlung. Eltern, die die Zahngesundheit ihrer Kinder im Blick behalten und frühzeitig professionelle Unterstützung suchen, legen den Grundstein für eine langfristig gesunde Entwicklung des Gebisses.