Das Bakterium Haemophilus Influenzae B ist ein Krankheitserreger, der vor allem bei Kindern vor dem fünften Lebensjahr schwere Infektionen verursachen kann. Haemophilus influenzae B kommt nur beim Menschen vor und findet sich vor allem auf den Schleimhäuten der oberen Atemwege. Nach einer Infektion mit dem Bakterium können fieberhafte Infektion des Nasenrachenraums mit Mittelohr-, Nasennebenhöhlen- und Lungenentzündung auftreten. Gefürchtete Komplikationen solcher Infektionen sind Entzündungen des Kehldeckels (Epiglottitis), die mit Erstickungsanfällen einhergehen können, sowie Hirnhautentzündungen (Meningitis). Bleibende Schäden und Todesfälle sind bei schweren Verläufen der Infektion durchaus möglich.
Bevor die Impfung gegen Haemophilus influenzae B 1990 eingeführt wurde, steckte sich jedes 500. Kind mit dem Erreger an. Heute ist die Anzahl an HiB -Infektionen auf unter 100 Fälle pro Jahr gesunken. Über die Mikrobiologie hinaus wurde das Bakterium Haemophilus influenzae im Jahr 1995 als erster Organismus bekannt, dessen Genom vollständig sequenziert wurde.
Haemophilus influenzae B ist ein Bakterium der Gattung Haemophilus (gramnegative Stäbchen). Es existieren sechs Serovarianten, die Serotypen A-F, dieses Bakteriums, wobei dem Serotyp B die entscheidende Bedeutung als Krankheitserreger zukommt. Haemophilus influenzae ist in den Schleimhäuten des Menschen angesiedelt und kann dort gelegentlich, bei Verletzung oder geschwächtem Immunsystem (Immunsuppression), Entzündungen hervorrufen. Besonders Kleinkinder sind von schweren Verlaufsformen einer Haemophilus influenzae B - Infektion bedroht, da ihr Immunsystem noch nicht reif genug ist, um sich gegen die Erreger zur Wehr zu setzen.
Bei zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung besiedelt das Bakterium den Nasen- und Rachenraum, ohne dass es dabei Krankheitssymptome verursacht. Diese gesunden Träger können jedoch andere, anfälligere Personen mit Haemophilus influenzae anstecken. Es wird meist durch Tröpfcheninfektionen, also beim Niesen, Sprechen oder Husten übertragen.
Früher wurde das Bakterium für den Erreger der Grippe gehalten. Als das Grippevirus jedoch entdeckt wurde erkannte man, dass es nur durch den Vorteil der Immunsuppression eine Entzündung verursachte.
Etwa 50 Prozent aller Infektionen mit Haemophilus influenzae B betreffen Säuglinge im ersten Lebensjahr. Vor allem schwere Verläufe dieser Erkrankungen kommen bei Kindern innerhalb der ersten fünf Lebensjahre vor.
Hameophilus influenzae B kann zu einer Vielzahl verschiedener Krankheitsbilder führen, unter anderem sind dies:
Die eine Infektion mit Haemophilus influenzae B beginnt als fieberhafte Erkrankung des Nasenrachenraums und kann dann Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündung, akute Bronchitis und Lungenentzündung hervorrufen. Die gefürchtetste Komplikation ist eine eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis) sowie eine Kehldeckelentzündung (Epiglottitis). Die Kehldeckelentzündung äußert sich zunächst durch eine Schwellung des Kehldeckels (Ödem), die im Verlauf der Erkrankung immer weiter zunimmt. Die betroffenen Kinder entwickeln eine kloßige Sprache sowie einen inspiratorischen Stridor. So kann es zu lebensgefährlichen Erstickungsanfällen kommen. Wird eine Infektion mit Haemophilus influenzae Typ B nicht ausreichend behandelt, kann sie tödlich enden.
Bei Verdacht auf eine akute Epiglottitis sollte eine Inspektion des Rachens möglichst vermieden werden, da das Ödem auf der Epiglottis durch äußere Reizung noch weiter zunehmen kann. Haemophilus influenzae B kann unter anderem durch Antigennachweis und Anzucht nachgewiesen werden. Als Untersuchungsmaterialen eignen sich prinzipiell alle entzündlichen Sekrete, zum Beispiel Liquor, Blut, Sputum, Eiter oder Abstriche aus der Bindehaut (Konjunktiva). Zur kulturellen Anzucht wird Kochblutagar verwendet, welches zur Anreicherung mit speziellen Zusätzen versehen wird (wie beispielsweise Hirn-Herz-Bouillon). Beim Wachstum von Haemophilus influenzae zusammen mit Staphylococcus aureus zeigt sich charakteristischerweise das so genannte Ammenphänomen.
Zum Ausschluss anderer Erkrankungen der Atemwege, wie Bronchitis oder Lungenentzündung (Pneumonie) sollte ein Röntgenbild der Lunge angefertigt werden. Zudem sollte das Vorliegen einer septischen Angina Tonsillaris oder eines retropharyngealen Abszesses ausgeschlossen werden.
Bei Verdacht auf eine Haemophilus influenza B Infektion sollte das betroffene Kind schnellstmöglich in die nächstliegende Kinderklinik gebracht werden. Zudem sollte es Sauerstoff erhalten und im Notfall bei akut zunehmender Kehldeckelentzündung intubiert werden. Prinzipiell ist das Bakterium Haemophilus influenzae B empfindlich gegenüber den Antibiotika Aminopenicillin und Cephalosporin. Problematisch ist jedoch auch bei diesem Erreger die zunehmende Resistenzentwicklung, insbesondere gegen so genannte Beta-Laktamasen. Daher muss zur kalkulierten Therapie unter Umständen auf Nicht-Betalaktame oder Beta-Laktam-Antibiotika mit Beta-Laktamase-Inhibitor (beispielsweise Clavulansäure) zurückgegriffen werden.
Eine Impfung gegen Haemophilus influenzae Kapseltyp B (HIB) wird seit 1990 von der STIKO für alle Kleinkinder empfohlen. Sie wird in der Regel zusammen mit der ersten und der dritten Kombinationsimpfung gegen Diphtherie, Polio und Tetanus verabreicht. Eine Auffrischungsimpfung wird im Alter von 18 Monaten empfohlen. Nach der Grundimmunisierung ist das Kind dann über mehrere Jahre zuverlässig vor einer Infektion geschützt. Durch die HIB-Impfung konnte die Anzahl der Fälle kindlicher Kehldeckelentzündungen überdeutlich abgesenkt werden. Sie hat so eine Vielzahl von Kindern vor bleibenden Schäden durch diese gefürchtete Erkrankung bewahrt.
Bei einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung einer Haemophilus influenzae B Infektion ist die Prognose in der Regel gut. Wird eine komplizierte Infektion mit Haemophilus influenzae B jedoch nicht behandelt, sterben 60 bis 90 Prozent der Erkrankten. Auch bei rechtzeitiger Behandlung mit Antibiotika ist die Todesrate noch sehr hoch. Nach einer überstandenen Hirnhautentzündung kommt es oftmals zu Defektheilungen mit dauerhaften Schäden des Nervensystems wie Hörschäden, Sehstörungen oder geistigen Störungen. Etwa fünf Prozent der Kinder sind nach einer HiB-Hirnhautentzündung körperlich und geistig schwerstbehindert. Weitere Komplikationen einer Infektion können sehr plötzlich einsetzende Kehldeckelentzündungen (Epiglottitis) mit Erstickungsgefahr, Brustfell- oder Gelenkentzündung, Blutvergiftung (Sepsis) und Knochenhautentzündung sein.
Letzte Aktualisierung am 08.03.2021.