Scharlach ist eine Erkrankung, von der vorwiegend die oberen Atemwege betroffen sind. Sie wird durch Streptokokken, kugelförmige Bakterien ausgelöst, die sich vorwiegend im Rachenraum aufhalten. 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung sind Dauerträger dieser Bakterien und haben dabei keinerlei Beschwerden. Kinder im Alter zwischen 4 und 10 Jahren sind besonders anfällig für Krankheiten, die durch Streptokokken ausgelöst werden. Scharlach tritt besonders gehäuft in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen auf.
Streptokokken sind Bakterien, die auf der Haut, im Darm und bei 20 Prozent aller Frauen auch in der Scheide vorkommen. Im Normalfall ist das menschliche Immunsystem stark genug, um diese Bakterien in Schach zu halten. Problematisch wird es jedoch, wenn die Bakterien an Körperstellen gelangen, an denen die natürlichen Barrieren des Immunsystems nicht ausreichen, um die Streptokokken ausreichend zu bekämpfen. So kann es in verschiedenen Körperregionen zu unterschiedlichen Formen von Infektionen kommen. Es gibt des Weiteren eine Vielzahl unterschiedlicher Arten von Streptokokken, die sehr unterschiedliche Erkrankungen auslösen können. Sie werden in verschiedene Unterformen eingeteilt.
Für die Erkrankung an Scharlach sind Streptokokken der Gruppe A verantwortlich. Sie sind in der Lage rote Blutkörperchen (Erythrozyten) anzugreifen und den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) zu zersetzen. Aufgrund des auf diesem Wege entstehenden grünen Abbauproduktes werden sie auch als vergrünende, beziehungsweise beta-hämolysierende, Streptokokken bezeichnet. Wie das Krankheitsbild der betroffenen Patienten letztendlich aussieht, hängt unter anderem davon ab, auf welchem Wege das Bakterium in den Körper gelangt. Befällt es zuerst die Schleimhaut im Nasen- und Rachenraum, werden unter anderem Entzündungen der Rachenmandeln hervorgerufen. Dient hingegen beispielsweise eine Wunde am Bein dem Bakterium als Eintrittspforte, kann der Erreger dort ein Erysipel auslösen, also eine schwerwiegende Entzündung in der Unterhaut.
Es gibt weiterhin mehrere Unterformen dieser Form von A Streptokokken, die Scharlach auslösen können. Deshalb ist es auch möglich, mehrmals im leben an Scharlach zu erkranken. Bei Scharlach werden die Bakterien in Form einer Tröpfcheninfektion übertragen, das heißt, sie gelangen durch Sprechen, Husten oder Niesen von Mensch zu Mensch. Die Krankheit wird dann zum einen durch Bestandteile der Streptokokken selbst, wie deren Schleimhülle oder deren Zellwand, zum anderen von den Exotoxinen verursacht, also den Giftstoffen, die die Bakterien ausscheiden.
Bei der Erkrankung an Scharlach hat das Kind zunächst nach einer Inkubationszeit von zwei bis vier Tagen ähnliche Symptome wie bei einer Entzündung der Rachenmandeln (Tonsillitis). Es hat also Schmerzen beim Schlucken, erhöhte Temperatur und fühlt sich krank und schlapp. Zusätzlich kommt beim Scharlach ein Ausschlag im Mund- und Rachenraum hinzu (Enanthem). Besonders die Zunge ist charakteristischer Weise dunkelrot verfärbt, was auch als Himbeerzunge bezeichnet wird.
Die Lymphknoten am Hals sind dick geschwollen und oft schmerzhaft. Außerdem kommt etwa 12 bis 48 Stunden später ein feinfleckiger Ausschlag hinzu, der zunächst in den Beugefalten der Achseln und den Leisten beginnt und sich dann über den ganzen Körper ausbreitet. Der Mund bleibt ausgespart und wirkt blass. Nach etwa einer Woche beginnt sich die Haut dann zu schuppen. Diese Schuppung fängt im Gesicht an und breitet sich dann über den Körper aus, wobei sich Hände und Füße meist groblamellös schälen. Das Schuppen der Haut kann im Extremfall bis zu acht Wochen andauern.
Komplikationen sind beim Scharlach gefürchtet. Man unterscheidet zwei Arten von komplizierten Verläufen:
Diese beiden komplizierten Verlaufsformen des Scharlachs kommen jedoch nur noch selten vor. Jeder durch Scharlach verursachte Todesfall muss jedoch dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Bei Infektionen mit Streptokokken der Gruppe A, wie es auch beim Scharlach der Fall ist, können jedoch auch Spätkomplikationen auftreten, die sich erst Wochen, Monate oder gar Jahre nach der eigentlichen Erkrankung bemerkbar machen.
Zu diesen Spätfolgen gehören vor allem:
Allerdings fällt dies nur bei weniger als zwei Prozent der erkrankten Kinder durch entsprechende Symptome auf. Alle anderen Fälle von poststreptokokken Glomerulonephritis heilen unbemerkt wieder aus. Die Glomerulonephritis kommt zustande, wenn Antikörper gegen die Bakterien an die Glomeruli binden. Dadurch wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst, die die Funktion der Niere stark einschränkt. Es kommt zu blutigem Urin, hohem Blutdruck und Wassereinlagerungen in Armen und Beinen (Ödemen). Meist wird dann Penicillin verabreicht, was den Krankheitsverlauf meist aber nur wenig beeinflusst. Wichtiger ist darauf zu achten, dass das betroffene Kind viel trinkt, um die Restfunktion der Nieren zu fördern. Außerdem kann der Blutdruck gegebenenfalls mit Medikamenten gesenkt werden. Die Symptome bilden sich für gewöhnlich innerhalb weniger Wochen zurück und das Kind hat keine Folgeschäden zu befürchten.
Um Komplikationen dieser Art weitestgehend auszuschließen sollte zwei bis drei Wochen nach der Infektion eine Kontrolluntersuchung erfolgen. Dabei wird der Urin untersucht, das Herz abgehört und die Funktion der Gelenke überprüft.
Die Diagnose Scharlach wird meist durch einen Rachenabstrich gestellt. Dazu wird von den Rachenmandeln mit einem Wattestäbchen etwas Belag entnommen und ein Schnelltest durchgeführt. Mit diesem Test kann man Streptokokken der Gruppe A nachweisen. Der Nachteil dieses Tests ist, dass er nicht zwischen toten und lebenden Bakterien unterscheiden kann. Außerdem wird er auch bei Dauerträgern von Streptokokken, die immerhin 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, positiv ausfallen, obwohl bei ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit kein Scharlach vorliegt.
Deshalb wird bei Verdacht auf Scharlach meist zusätzlich Blut entnommen und eine Bakterienkultur angelegt. In dieser Kultur kann der Befall mit Streptokokken der Gruppe A sicher nachgewiesen werden. Allerdings dauert hier die Auswertung etwas länger, sodass bei Verdacht auf Scharlach meist schon mit der Therapie begonnen wird, bevor der Befund vorliegt. Acht bis 14 Tage nach der Infektion können im Blut auch spezielle Antikörper, sogenannte Antistreptolysin Antikörper, nachgewiesen werden, die charakteristisch für eine Streptokokkeninfektion sind.
Auch verschiedene Virusinfektionen können zunächst ähnliche Symptome auslösen wie Scharlach. Das Pfeiffersche Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) beispielsweise führt auch zu geschwollenen Lymphknoten im Halsbereich und belegten Rachenmandeln. Im Gegensatz zu Scharlach wird es jedoch durch das EBV-Virus ausgelöst. Rachenabstrich und Blutuntersuchung können deshalb Hinweise auf die Ursache der Erkrankung geben.
Aufgrund des Hautausschlags kann Scharlach zudem auch mit anderen virusbedingten Exanthemerkrankungen, wie Masern, Röteln oder Windpocken verwechselt werden. Auch das sogenannte Kawasaki Syndrom kann mit Scharlach verwechselt werden. Es verursacht ebenfalls die charakteristische Himbeerzunge. Patienten haben hier aber außerdem hohes Fieber über mehrere Tage, außerdem oft begleitend eine Bindehautentzündung und Schwellungen der Füße und Hände. Die Ursache des Kawasaki Syndroms ist unbekannt.
Um Scharlach erfolgreich zu behandeln muss ein Antibiotikum gegeben werden, das die Bakterien sicher auszuschalten kann. Alle Streptokokken der Gruppe A sind empfindlich gegen Penicillin. Dies muss über 10 Tage eingenommen werden, auch wenn sich meist schon nach kurzer Zeit eine Verbesserung des Zustandes einstellt. Es gilt aber als erwiesen, dass das Risiko für Spätkomplikationen stark reduziert wird, wenn Penicillin über den vollen Zeitraum von 10 Tagen eingenommen wird. Zudem sollte das erkrankte Kind auch in den ersten 24 Stunden nach Therapiebeginn noch isoliert werden, um die Ansteckung anderer Personen zu vermeiden.
Leider gibt es keine Impfung gegen Streptokokken, oder ihre Exotoxine. Kindern, die beispielsweise im Kindergarten Kontakt mit Scharlach Patienten hatten kann jedoch auch als Prophylaxe Penicillin gegeben werden. Auch wer bereits eine Scharlach-Infektion durchgemacht hat, kann die Erkrankung jederzeit wieder bekommen. Eine Immunisierung ist also nicht möglich.
Bei der rechtzeitigen Gabe von Penicillin ist die Prognose bei Scharlach sehr gut und auch der Ausschlag tritt dann nur kurz auf. Komplikationen, die nach der Infektion mit Streptokokken auftreten können sind heute nur noch sehr selten. Das Risiko für diese Spätfolgen wird ebenfalls durch eine frühe Antibiotikagabe reduziert.
Letzte Aktualisierung am 09.03.2021.