Eine Hyposensibilisierungsbehandlung ist eine der wirksamsten Methoden bei der Behandlung von Allergien. Sie wird auch als Allergieimpfung oder Spezifische Immuntherapie bezeichnet und soll die überschießende Reaktion des Immunsystems im Falle einer Allergie reduzieren. Früher wurde diese Behandlungsmöglichkeit auch als Desensibilisierung bezeichnet, dieser Begriff ist jedoch veraltet und irreführend, da beim Patienten die Sensibilisierung auf das Allergen erhalten bleibt nur die Reaktion des Immunsystems soll ausbleiben.
Bei der Hyposensibilisierung soll dem Körper in allmählich steigender Dosierung das die Allergie auslösende Allergen verabreicht werden, bis das körpereigene Immunsystem die Fremdsubstanz schließlich toleriert. Die Behandlung basiert auf einer antigen-spezifischen Therapie bei so genannten IgE-vermittelten Typ-I-Allergien.
Wann kann eine Hyposensibilisierungsbehandlung angewandt werden?
Eine Hyposensiblisierung wird durchgeführt bei allergischen Beschwerden wie der saisonalen allergischen Rhinitis (dem so genannten Heuschnupfen) und bei leichtem und mittlerem allergischen Asthma gegenüber Gräserpollen (Roggenpollen), Birkenpollen (Haselpollen, Erlenpollen), Beifußpollen, Hausstaubmilben, sowie auch Allergien gegen Tierhaare und Schimmelpilzen. Vor allem bei Insektengiftallergien gegenüber Bienengift oder Wespengift ist die Hyposensibilisierungstherapie oft lebensrettend und daher unbedingt zu empfehlen. Die Erfolgsquote bei der Behandlung von Insektengftallergien mit der spezifischen Immuntherapie liegt bei nahezu 90 Prozent.
Eine Pollenallergie ist hingegen die häufigste Ursache für die Durchführung eines Hyposensibilisierungsbehandlung. Sie führt in etwa 80 Prozent der Fälle zu einer erheblichen Besserung der Beschwerden. Auch bei Allergien gegen Hausstaubmilben kann die Allergieimpfung zum Einsatz kommen wenn Milbensanierungsmaßnahmen keinen ausreichenden Erfolg zeigen konnten.
Wie funktioniert eine Hyposensibilisierungsbehandlung?
Eine Hyposensibilisierung kann nur durchgeführt werden, wenn eine Ig-E vermittelte Allergie vom so genannten Soforttyp vorliegt. Dazu zählen beispielsweise allergisches Asthma oder Insektengiftallergien. Eine weitere Voraussetzung für die Behandlung ist, dass das auslösende Allergen sicher bekannt und eindeutig identifiziert ist.
Es gibt verschiedene Möglichleiten eine Hyposensibilisierung durchzuführen.
Zu den häufigsten Formen der Immuntherapie zählen:
- Subkutane Immuntherapie (SCIT) - Dabei werden die Allergene unter die Haut (subkutan) von einem spezialisierten Facharzt (Allergologe) unter die Haut gespritzt. Die Allergene liegen dazu entweder in wässriger Lösung vor (vor allem bei Insektengiftallergenen) oder sind an einen Depotträger (L-Tyrosin, Aluminiumhydroxid, Calziumphosphat) gebunden. Die zu verabreichende Dosis wird zunächst allmählich gesteigert und die Therapie wird nach Erreichen einer bestimmten Erhaltungsdosis in regelmäßigen Abständen (4-6 Wochen) fortgeführt. So soll sich das Immunsystem an das Allergen gewöhnen und die Bildung von Antikörpern gegen das Allergen regulieren. Diese Therapieform der Hyposensibilisierung wird bisher (2007) als Goldstandard bezeichnet.
- Sublinguale Immuntherapie (SLIT) - Die Allergene werden bei dieser Form der Hyposensibilisierung über die Mundschleimhaut aufgenommen. Die Zuführung erfolgt über Tropfen oder Schmelztabletten. Im Unterschied zur SCIT müssen die Allergene täglich genommen werden. Der Vorteil liegt in der einfachen Einnahme zu Hause.
- Die Kurzzeit-Immuntherapie wird derzeit hauptsächlich bei Pollenallergien angewendet und beruht auf der Verwendung hochreiner und hochdosierter Allergenextrake, die eine schnelle Hyposensibilisierungsbehandlung ermöglichen. Damit ist ein Zeitgewinn bei der Behandlung möglich.
- weitere Therapieverfahren sind in der Erforschung oder haben sich in Deutschland nicht durchgesetzt (wie beispielsweise die Nasale Hyposensibilisierung).
Besonders im Kindesalter ist eine Hyposensibilisierungsbehandlung oft sehr Erfolg versprechend, da im Frühstadium einer Allergie noch keine chronischen Veränderungen des Körpers als Folge der Erkrankung eingetreten sind.
Zudem ist das Immunsystem bei Kindern noch besonders lernfähig, sodass eine Hyposensibilisierung oft besser anschlägt als bei Erwachsenen. Die Behandlung kann im Falle eines allergischen Asthma bronchiale oder allergischen Bindehautentzündungen bereits ab dem fünften Lebensjahr eingesetzt werden. Bei Insektengiftallergien kann die Immuntherapie auch schon früher zum Einsatz kommen.
Empfohlene Schutzimpfungen im Kindesalter können auch in der Zeit einer Hyposensibilisierungsbehandlung durchgeführt werden. Es wird jedoch empfohlen, einen Abstand von ein bis zwei Wochen zwischen Hyposensibilisierungsspritze und der Impfung einzuhalten, um die Gefahr unerwünschter Impfreaktionen möglichst zu minimieren.
Zudem sollte am Tag der Hyposensibilisierung starke körperliche Anstrengung möglichst vermieden werden.
Gibt es Risiken bei der Durchführung einer Hyposensibilierungsbehandlung?
Die Größte Gefahr bei der Hyposensibilisierung ist das Auslösen der Allergie selbst, da dem Patienten bei der Behandlung die allergieauslösende Substanz verabreicht wird.
Bei der subkutanen Hyposensibilisierung ist zudem eine Lokalreaktion möglich, die sich durch wenige Tage anhaltendes Anschwellen der weiteren Injektionsregion und die Bildung von Quaddeln äußert. Beide Reaktionen sind jedoch weniger gefährlich und können durch Gabe entzündungshemmender Substanzen oder Antihistaminika abgeschwächt werden.
Weitere Nebenwirkungen können in einer allergischen Reaktion auf das Allergen in ihrer jeweiligen Form bestehen, beispielsweise Atemnot, Asthma-Anfälle, Niesanfälle, starker Juckreiz. Nur sehr selten tritt der gefährliche allergische Schock bei der Hyposensibilisierungsbehandlung ein. Um auf diese Gefahr jedoch gut vorbereitet zu sein, sollte der Patient bei der ambulanten Hyposensibilisierung nach der Injektion des Allergens für mindestens 30 Minuten unter ärztlicher Aufsicht verbleiben. Im Falle eines allergischen Schocks können dann vom speziell ausgebildeten Arzt rettende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Bei der sublingualen Hyposensibilisierung über Tabletten oder Tropfen sollen diese gefährlichen systemischen Komplikationen noch seltener auftreten. Systemische Reaktionen wurden beispielsweise bei einem der neueren Präparate bisher nur bei Einnahme der ersten Tablette beobachtet. Lokale Nebenwirkungen sind allerdings vor allem in den ersten Tagen der Behandlung häufig (1-10 Prozent) bis sehr häufig (etwas über 10 Prozent der Anwender). Es kann zum Jucken, Brennen oder Anschwellen der Lippen beziehungsweise der Schleimhäute im Mund-, Rachen und Halsbereich kommen. Da sich im Mundraum und auf den Lippen nicht selten kleinste Wunden oder Risse befinden, können die Allergene, wenn sie mit diesen in Berührung kommen, zu vorübergehenden Quaddeln oder einer leichten Anschwellung der Lippe führen. Bei Asthmatikern können Asthma-Anfälle auftreten.