Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine weit verbreitete Erkrankung, die auch bei Kindern vorkommen kann. Die Zahl der Diabetiker, vor allem der Typ-2-Diabetiker, nimmt immer weiter zu. Die Krankheit kommt in allen Altersstufen vor. Es handelt sich um eine sehr ernste Stoffwechselerkrankung, die lebenslang vorhanden ist.
In Deutschland gibt es etwa 25.000 diabetische Kinder.
Man unterscheidet vor allem zwischen:
Diabetes mellitus Typ 1
Hier besteht ein absoluter Mangel am Hormon Insulin. Der Diabetes Typ 1 war lange Zeit unter dem Begriff „jugendlicher Diabetes" geläufig, da er in der Regel erstmals bei Kindern und Jugendlichen auftritt.
Diabetes mellitus Typ 2
Bei Diabetes Typ 2 bildet der Körper noch das Hormon Insulin. Der Körper reagiert jedoch nicht darauf. Diese Form tritt meist bei älteren Menschen auf. Heute erkranken jedoch immer mehr übergewichtige Kinder und Jugendliche an Typ-2-Diabetes.
Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter und kann bereits bei Säuglingen ausbrechen.
Ursachen
Ursache ist ein Mangel beziehungsweise ein vollständiges Fehlen von Insulin. Die aus den Kohlenhydraten aufgenommenen Glukoseteilchen können nur mit Hilfe des Insulins in die Muskel- bzw. Fettzellen eindringen. Bei einem Insulinmangel hungern die Zellen und verlieren an Energie, die Glukose staut sich im Blut und der Blutzuckersiegel steigt an. Durch das Fehlen des Insulins ist eine korrekte Stoffwechselregulation nicht mehr gewährleistet. Die Glukosekonzentration im Blut ist bei Diabetikern deutlich erhöht. Wird ein bestimmter Nierenschwellwert überschritten, so wird der Zucker mit dem Urin ausgeschieden.
Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich vielmehr um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene Betazellen der Bauchspeicheldrüse nach und nach zerstört. Diese Zellen sind für die Insulinproduktion verantwortlich. Die Ursache für die Antikörperbildung ist bis heute nicht eindeutig bekannt. Vermutlich spielen viele Faktoren wie erbliche Faktoren, Immundefekte sowie äußere Einflüsse wie Infektionen eine Rolle.
Bei Typ-2-Diabetes besteht eine herabgesetzte Insulinwirkung und gegebenenfalls eine gestörte Insulinausschüttung. Risikofaktoren sind Übergewicht, falsche Ernährung und wenig Bewegung. Betroffen sind vor allem übergewichtige Kinder.
Symptome
Die Symptome bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes sind ähnlich. Allerdings entwickeln sich die Symptome bei Typ-1-Diabetes schneller, im Laufe von einigen Tagen bis Wochen. Erste Anzeichen sind:
- Häufiger Harndrang und Polyurie (große Mengen Urin): Die Kinder wachen nachts auf, teilweise nässen sie ins Bett.
- Müdigkeit, Stimmungsschwankungen
- Gereiztheit
- Großer Durst, das Kind trinkt mehrere Liter Flüssigkeit (Polydipsie)
- Vermehrte Anfälligkeit für Infektionen
- Starker Gewichtsverlust trotz Heißhunger
- Nachlassen der körperlichen Leistungskraft und der Konzentrationsfähigkeit
- Später auch Bauchschmerzen und Azetongeruch in der Atemluft
Diagnose
Diabetes mellitus kann durch folgende Untersuchungen diagnostiziert werden:
Blut- und UrinuntersuchungenHier werden vor allem der Blutzuckerspiegel im Blut, die Menge an Abbaustoffen aus dem Fettstoffwechsel (Ketone) und der Zucker im Urin untersucht.
Oraler Glukosetoleranztest, oGTT (Zuckerbelastungstest)Bei der Untersuchung trinkt das Kind eine bestimmte Menge an zuckerhaltiger Flüssigkeit. Der Blutzuckerspiegel wird einmal zuvor und nach zwei Stunden kontrolliert.
Nach Diagnosestellung sollte so bald wie möglich eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.
Therapie
Ziel jeder Behandlung ist es, akute Stoffwechselentgleisungen sowie diabetesbedingte Folgeerkrankungen und Entwicklungsstörungen zu vermeiden. Es ist eine möglichst normnahe Blutzuckereinstellung erforderlich, damit die Kinder ein normales Leben führen können. Der Diabetes muss konsequent behandelt und überwacht werden. Zunächst erfolgt eine Aufklärung über die Krankheit, Ernährung und sportliche Aktivität.
Typ-1-DiabetesBei Typ-1-Diabetes erfolgt eine Insulintherapie aufgrund des fehlenden körpereigenen Insulins. Sie ist lebenslang erforderlich. Behandlungsstandard bei Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 ist die intensivierte Insulintherapie (ICT). Die ICT imitiert die Insulinausschüttung und funktioniert nach dem Basis-Bolus-Konzept. Die Insulingaben werden in Basis (Grundbedarf) und Bolus (zusätzliches Insulin für die Mahlzeiten) eingeteilt.
Dafür spritzt sich das Kind ein- bis dreimal täglich ein lang wirkendes Verzögerungsinsulin oder ein mittellang wirkendes Verzögerungsinsulin um den Grundbedarf an Insulin zu decken. Der aktuelle Blutzuckerspiegel wird vor jeder Mahlzeit gemessen, daraus die optimale Insulindosis errechnet und als kurz wirksames Insulin gespritzt. Dass heißt also, dass die Insulindosis der Nahrungsmenge und der körperlichen Aktivität angepasst werden muss. Wichtig ist vor allem, dass Kinder so schnell wie möglich lernen, das Insulin selbst unter der Aufsicht der Eltern zu spritzen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Insulinpumpe (CSII), bei der kontinuierlich Insulin unter die Haut gespritzt wird und so ideale Blutzuckereinstellungen ermöglicht werden. Über eine dünne Nadel und einen dünnen Kunststoffschlauch wird kontinuierlich kurz wirksames Insulin in das Fettgewebe unter die Haut gespritzt. Die Insulinmengen, die zur Deckung des Grundbedarfs notwendig sind (Basis), werden einprogrammiert. Des Weiteren misst der Diabetiker vor jeder Mahlzeit seinen aktuellen Blutzuckerspiegel und errechnet daraus die optimale Insulindosis. Die extra Dosis Insulin wird dann per Knopfdruck freigesetzt (Bolus).
Typ-2-DiabetesAuch hier steht die intensive Diabetesschulung im Vordergrund. Der Typ-2-Diabetes kann in der Regel noch mit Medikamenten therapiert werden, da noch eine Insulinproduktion vorhanden ist.
Hinweise für Patienten und Eltern
Eltern und Kind müssen über die Krankheit informiert sein und lernen, mit der Krankheit umzugehen. Meist ist eine ausführliche Schulung von Eltern und Kind erforderlich.
Wichtig ist zudem eine Ernährungsberatung, da die Ernährung genau auf das Kind abgestimmt werden sollte (auch abhängig vom Ausmaß der körperlichen Bewegung). Im Vordergrund stehen eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung, welches vor allem reich an Ballaststoffen und langsam verdaulichen Kohlenhydraten bestehen sollte.
Durch Bewegung wird die Wirkung des Insulins im Körper erhöht. Körperlich aktive Kinder brauchen in der Regel weniger Insulin. Oft muss die Insulindosis bei sportlich aktiven Kindern reduziert werden. Leider besteht hier immer wieder das Risiko, dass der Blutzucker zu stark sind. Daher sollte Ihr Kind immer Traubenzucker bei sich haben.
Informieren Sie unbedingt Erzieher/innen und Lehrer/innen über die bestehende Krankheit, damit Sie im Notfall sofort Hilfe leisten und richtig handeln können. In der Regel kann das Kind an allen Aktivitäten teilnehmen und Bedarf keiner Sonderstellung.
Im Folgenden noch eine kurze Zusammenfassung und hilfreiche Tipps zum Umgang mit der Krankheit:
- Diabetische Kinder haben einen festen Ernährungsplan. Sie dürfen nur eine vorgeschriebene Anzahl von Kohlenhydraten zu bestimmten Zeiten zu sich nehmen.
- Kohlenhydratfreie Nahrungsmittel wie Salate oder Gemüsesorten können jederzeit ohne Begrenzung gegessen werden.
- Bei einer Hypoglykämie muss das Kind zuckerhaltige Nahrungsmittel zu sich nehmen, z.B. Traubenzucker oder Fruchtsäfte.
- Bei ungewöhnlichem Verhalten sollte der Blutzucker von der Erzieherin oder dem Lehrer gemessen werden, da hier eine Gefahr der Unterzuckerung besteht.
- Bei Bewusstlosigkeit sofort den Notarzt verständigen. Sind Sie mit der Gabe von Glukagon vertraut und dazu im Notfall bereit, sollte dies die erste Aktion sein.
- Niedriger Blutzucker kann gefährlich werden, dagegen ist ein erhöhter Blutzucker über wenige Stunden nicht akut lebensgefährlich. Daher gilt im Zweifelsfall die Regel: Erst essen, dann messen!
Merke: Wichtig sind ein konsequentes Verhalten im Hinblick auf Ernährung, körperliche Belastung und Insulintherapie.
Prognose
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen für Kinder mit Diabetes mellitus ab einem Alter von 11 Jahren oder einer Diabetesdauer länger als fünf Jahre. Bei den Untersuchungen wird der Eiweißgehalt im Urin bestimmt und eine Augenuntersuchung durchgeführt. Des Weiteren werden Blutdruck, Blutfette und Schilddrüsenwerte bestimmt. Durch eine konsequente Behandlung und eine gute Blutzuckereinstellung lassen sich alle Folgeerkrankungen stark hinauszögern.