Die beiden Krankheitsbilder Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden unter dem Begriff chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zusammengefasst. Es handelt sich um zwei recht ähnliche, in Schüben verlaufende Krankheiten mit Bauchschmerzen und Durchfällen, die schon im Kindesalter auftreten können. Häufiger sind sie aber im jüngeren Erwachsenenalter. Die Ursachen für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können nicht genau bestimmt werden. Eine Rolle spielen erbliche, immunologische und weitere Faktoren. Bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sind bisweilen sehr ernste Komplikationen möglich. Die Colitis ulcerosa lässt sich durch eine Operation heilen, wohingegen beim Morbus Crohn nur die Symptomatik und Befunde verbessert werden können.
Die Ursachen sind weder für den Morbus Crohn noch für die Colitis ulcerosa genau bekannt. Es kann aber vermutet werden, welche Umstände für die Entstehung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen relevant sind. Das Risiko, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung zu entwickeln, steigt deutlich bei Verwandten von Betroffenen. Daher ist eine Vererbung des Risikos anzunehmen. Die Ernährung scheint eine Rolle zu spielen, und Rauchen kann zumindest den Morbus Crohn verschlimmern. Die Colitis ulcerosa kann darüber hinaus durch psychische Faktoren verursacht werden, z. B. durch Stress. Beim Morbus Crohn ist dies nicht der Fall, jedoch können durch seelische Beeinträchtigungen Schübe provoziert werden.
Das Krankheitsgeschehen hängt mit einer Fehlregulation im Immunsystem zusammen. Es findet während einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit eine übermäßige Reaktion der Immunabwehr im Darm statt. Infektionen können die Mechanismen verstärken. Es entsteht eine Entzündung, die zu den Beschwerden und zu den Komplikationen führen kann. Die Abläufe sind bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn aber teilweise unterschiedlich. Bei der Colitis ulcerosa findet sich eine kontinuierliche Ausdehnung des Befalls vom Mastdarm bis zu einer Grenze nach oben. Dagegen liegt beim Morbus Crohn eine abschnittsweise Erkrankung des Verdauungstraktes mit Unterbrechungen vor. Der Morbus Crohn betrifft am häufigsten den letzten Abschnitt des Dünndarms (terminales Ileum), kann aber im Prinzip alle Bereiche des Verdauungstraktes bis hin zum Mund befallen, im Gegensatz zur Colitis ulcerosa. Der Morbus Crohn dehnt sich auf alle Darmwandschichten aus, während die Colitis ulcerosa nur die beiden inneren Schichten (Mucosa und Submucosa) betrifft. Die Unterschiede erklären auch die Abweichungen in der Symptomatik der Darmerkrankungen.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind bei jungen Erwachsenen (zwischen 20 und 40 Jahren) am häufigsten. Sie können jedoch oft schon bei Kindern, manchmal sogar bereits im Säuglingsalter auftreten. Die beiden bedeutsamen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen führen zu ähnlichen Beschwerden, es findet sich aber auch eine Reihe von Unterschieden. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verursachen beide häufig Durchfälle sowie Bauchschmerzen. Der Patient kann an Körpergewicht verlieren. In manchen Fällen kann Fieber hinzukommen. Verschiedene weitere Symptome sind bei der einen chronisch-entzündlichen Darmerkrankung häufiger, bei der anderen seltener.
Für einen Morbus Crohn sind Schmerzen rechts unten im Bauch typisch, sie können jedoch auch an ganz anderen Stellen vorkommen. Vor allem beim Morbus Crohn, manchmal auch bei der Colitis ulcerosa kann es zur Bildung von Fisteln (entzündlichen Gängen) und Abszessen (abgegrenzten Entzündungshöhlen) kommen. Die Spätfolge kann eine narbige Darmverengung oder ein Darmverschluss sein. Bei der Colitis ulcerosa sind Schleimhautblutungen häufig. So können am Stuhl oft Blutauflagerungen gefunden werden. Die Durchfälle sind mitunter so heftig, dass der Betroffene stark Flüssigkeit verliert und einen Kreislaufschock erleiden kann. Eine vor allem bei Colitis ulcerosa mögliche schwere Komplikation ist die Darmlähmung (toxisches Megacolon) mit fehlendem Weitertransport des Stuhls und Auftreibung des Darms bis hin zum lebensbedrohlichen Darmdurchbruch. Über lange Sicht besteht bei der Colitis ulcerosa ein erhöhtes Risiko, Darmkrebs zu erleiden.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können bisweilen auch entzündliche Veränderungen außerhalb des Verdauungstraktes bewirken. Am häufigsten findet sich hier eine Gelenkbeteiligung (Arthritis). Ebenfalls möglich sind entzündliche Herde an der Haut (Erythema nodosum), Regenbogenhaut-Entzündungen im Auge (Uveitis/Iritis) oder Gallengangsentzündungen (primär sklerosierende Cholangitis).
Anfangs werden die Symptome und eventuelle Vorerkrankungen in einem Gespräch zwischen Arzt und Patient beziehungsweise Eltern geklärt (Anamnese). Der Arzt führt eine körperliche Untersuchung durch, in der unter anderem der Bauch abgetastet wird. Auch eine Austastung des Afters mit dem Finger wird vorgenommen. Eine Blutuntersuchung und eine Stuhluntersuchung schließen sich an. Eine weitere, einfach durchzuführende Untersuchungsmöglichkeit ist der Ultraschall. Die Diagnose gelingt meist mit einer Darmspiegelung (Koloskopie), bei der typische Erscheinungsbilder der Erkrankungen auffällig werden können und auch Gewebeproben entnommen werden können (Biopsie). Es können auch Röntgenuntersuchungen, eine Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) oder eine Computertomographie (CT) notwendig werden. Um zu schauen, ob andere Bereiche des Verdauungsapparates befallen sind, wird z. B. eine Magenspiegelung (Gastroskopie) vorgenommen.
Vor allem bei den Beschwerden beim Morbus Crohn wird oft an eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) gedacht. Eine weitere häufige Erkrankung im Kindesalter, die Symptome wie bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen hervorrufen kann, ist z. B. ein Darminfekt.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden zunächst mit Medikamenten und einfachen Mitteln bekämpft. Bei ausbleibendem Behandlungserfolg oder bei bestimmten Komplikationen kann eine Operation angezeigt sein. Die Colitis ulcerosa kann durch die Operation beseitigt werden, nicht jedoch der Morbus Crohn.
Konservative Therapie
Die konservative (nichtoperative) Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen besteht vor allem in der Gabe von Medikamenten. Verschiedene Wirkstoffe kommen in Frage. Zur Entzündungshemmung dienen Mesalazin, Sulfasalazin oder Cortison. In schweren Fällen können Medikamente, die bestimmte Vorgänge im Immunsystem hemmen (Immunsuppressiva), eingesetzt werden. Dazu gehören Azathioprin, Ciclosporin A oder die modernen, so genannten Biologicals (z. B. Infliximab). Zubereitungen von natürlicherweise im Darm vorkommenden Bakterien können des Weiteren die Darmflora stabilisieren. Zur konservativen Behandlung gehören auch die gesunde Ernährung, wobei keine generellen Empfehlungen gegeben werden können. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Betroffene genügend Flüssigkeit, Mineralien und auch Vitamine zu sich nimmt. Bestehen stärkere psychische Probleme, kann zudem eine psychotherapeutische Behandlung helfen, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.
Operation
Bei einer Operation werden befallene Darmabschnitte entfernt. Beim Morbus Crohn werden nur die in das Krankheitsgeschehen einbezogenen Areale beseitigt. Bei einer Colitis ulcerosa mit Komplikationen (z. B. Megacolon) kann der ganze Dickdarm entfernt werden, so dass die Erkrankung nicht mehr auftreten kann. Meist wird der Dünndarm nach Anlage eines Reservoirsackes (Pouch) mit dem After verbunden. Zwischenzeitlich wird aber normalerweise ein künstlicher Darmausgang angelegt. Zu den Komplikationen bei den Operationen gehören unter anderem die Bildung weiterer Fisteln (Entzündungskanäle) und Abszesse (abgeschlossene Eiterherde).
Sowohl die Colitis ulcerosa als auch der Morbus Crohn verlaufen schubweise bis chronisch. Die Beschwerden können mit Medikamenten, guter Ernährung und weiteren Maßnahmen eingedämmt werden. Dies kann jedoch nicht garantiert werden. Problematisch, manchmal sogar lebensgefährlich können Komplikationen werden. Unter einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung erhöht sich die Gefahr von Darmkrebs. Durch die Dickdarmentfernung wird eine Colitis ulcerosa normalerweise geheilt. Ein Morbus Crohn kann durch eine Operation dagegen nicht dauerhaft beseitigt werden, allerdings können die Symptome deutlich vermindert werden.
Letzte Aktualisierung am 26.10.2009.